Zwischen Flow und Narzissmus

Bergsteigen ist heute weltweit ein Breitensport und Freizeitbeschäftigung für Menschen aller Altersstufen aber auch Leistungssport und eine Bewegung, die extreme Entwicklungen aufzeigt. Oft begeben sich Alpinisten dabei in Gefahr und durchleiden kritische oder traumatische Situationen. Was treibt die „Eroberer des Nutzlosen“ im Innersten dazu an, auf Berge zu steigen?

Dieses Buch ist eine glänzend geschriebene Auseinandersetzung eines Psychologen und Bergsteigers mit dem Phänomen des Bergsteigens. Er geht im ersten Teil auf die psychologischen Aspekte des „normalen“ Bergsteigens ein, das vor allem durch Flow- und Naturerleben motiviert ist, aber auch schon von starkem Leistungsdenken geprägt sein kann. Im zweiten Teil lotet Manfred Ruoß die Motivation und die menschlichen Abgründe der bekanntesten Extrembergsteiger des 19., 20. und 21. Jahrhunderts aus.

Das wissenschaftlich profunde Werk liest sich spannend und höchst unterhaltsam und saugt einen vom ersten Kapitel an in die Materie. Man erfährt neben den Elementen des Flow und des Narzissmus unter anderem auch über Hyperaktivität, Süchte, Ängste, Posttraumatische Belastungsstörungen, politische Dimensionen des Bergsteigens, Spiritualität und Religion und philosophische Beiträge.

Die Theorien werden anhand der Biographien großer Alpinisten der Alpingeschichte und -gegenwart veranschaulicht, wie z. B. Edward Whymper, Riccardo Cassin, Hermann Buhl, Reinhard Karl, Anatoli Boukreev, Steve House, Gerlinde Kaltenbrunner, Andy Kirkpatrick, Stephan Siegrist und Ueli Steck und natürlich Reinhold Messner. Die zweite Auflage wurde überarbeitet und um ein Doppelporträt der polnischen Extrembergsteiger Wanda Rutkiewicz und Jerzy Kukuczka ergänzt.

Ein großartiges Werk, das jeder ernsthafte Alpinist gelesen haben sollte - um Hintergründe und Motive zu ergründen und sein Tun, sich selbst und andere noch besser zu verstehen ...