Der Autor, studierter Indologe, Tibetologe und Soziologe aber selbst weder Alpinist noch je auf dem Gipfel des Mount Everest gestanden, beschreibt aus seiner durchaus kenntnisreichen Sicht das heutige bunte Treiben am höchsten Fels der Erde. Dass der Berg längst nicht mehr als alpinistische Herausforderung der besten Bergsteiger sondern zu einem Ort des alpinen Massentourismus der Luxusklasse geworden ist, ist aber ebenso längst allgemein bekannt wie die Thematik in der Alpinliteratur längst Niederschlag gefunden hat. Die Szenen überfüllter Lagerplätze und klettersteigartig seilversicherter Auf- und Abstiegsrouten sind ebensowenig neu wie die Information, dass der höchste Berg der Erde längst zur goldene Cash-Cow der globalen Bergtourismusindustrie geworden ist und dass, wer den Mount Everest heute besteigen möchte, dafür weder besondere Kenntnisse noch eine herausragende alpine Erfahrung braucht oder gar ein leidensfähiger Spitzenbergsteiger sein muss. Inhaltlich ist das Buch dabei teilweise fehlerhaft und schlecht recherchiert. So wurde etwa der Titel erst nach einem Hinweis von außen von ursprünglich "8848" auf heute richtig "8849" korrigiert.
Die alpinistischen Vorgänge am Mount Everest werden dabei nicht nur aus Sicht eines Nicht-Bergsteigers beschrieben und kritisiert, sondern dabei die Träume, die Faszination, die Glücksgefühle, die viele hunderte Besucher am höchsten Berg der Erde alljährlich suchen und wohl auch finden, außer Acht gelassen. Stattdessen werden die Verhältnisse am Berg (ab-)wertend, bisweilen moralisierend und teilweise respektlos beschrieben. Als Leser erhält man den Eindruck, es geht dem Autor weniger darum, Fehlentwicklungen sachlich aufzuzeigen und konkrete Lösungsmöglichkeiten anzubieten, als vielmehr darum, den modernen Alpintourismus effektheischend schlecht zu machen. Wie anders sind Aussagen zu verstehen, man müsse als Bergsteiger heute bereit, sein "über Leichen zu gehen" oder das Geschäft mit dem "Höhenwahn" und der alpine Massentourismus "pervertierten" das Bergsteigen und wären gar der "Irrsinn des gesamten internationalen Alpinismus". Ausländische Bergsteiger und Touristen werden wie böse Unheilbringer dargestellt, die die "heiligen" Berge der Einheimischen entweihen.
So sind auch die einzelnen Kapitel programmatisch und lauten etwa "Die Erfolgreichen", "Die Erfolglosen", "Die Rebellen", "Die Extremisten", "Die Millionäre", "Der Müll", "Die Leichengasse", "Das Verbrechen", "Zwist", "Die Eiskatastrophe", "Die neue Generation der Sherpas", "Die Expeditions-Wirtschaft" oder "Die Schummler". Dabei ist auch das Buch ja selbst ein Produkt, das letztlich vom Tourismus am Mount Everest profitiert, den es kritisiert.
Um doch etwas Sachlichkeit zu bemühen, kommen zumindest einige namhafte Everest-Persönlichkeiten vor und in einem abschließenden Interview auch die Expeditionsveranstalter Mingma Sherpa und Lukas Furtenbach zu Wort, die nüchtern und unaufgeregt ihre Sicht der Dinge erklären. Alles in allem ein Buch, das - außer für Unbeleckte - wenig neue Erkenntnisse liefert und auch nicht unbedingt besonders spannend erscheint.
Oliver Schulz
8849
Massentourismus, Tod und Ausbeutung am Mount Everest
192 Seiten
Klappenbroschur
ISBN 9783864893650
18,00 €