Der weiße Berg Afrikas
Von P. Werner Lange
Der Kilimandscharo ist längst zu einem beliebten Reiseziel für Wanderer und naturbegeisterte Trekker avanciert. Die üblichen Aufstiegsrouten setzen an sich keine speziellen Kletterkenntnisse voraus. Dennoch - oder gerade deswegen - scheitern aber dann auch an keinem Gipfel der Erde so viele Gipfelaspiranten wie am "Uhuru-Peak", der höchsten Erhebung des Kilimandscharo. Der mit 5.892 Meter Höhe höchste Berg Afrikas und gleichzeitig einer der größten freistehenden Berge der Erde wird häufig unterschätzt. Durch eine mangelnde Akklimatisation gelangen gerade am Kilimandscharo selbst "erfahrene" Bergsportler schnell an ihre Leistungsgrenze.
Aber auch abgesehen von seiner Dimension übt der alpinistische Magnet Afrikas eine ganz eigene Faszination wie wohl kaum ein anderer Berg aus. Seine Lage am Äquator, seine Entdeckungsgeschichte, seine charakteristischen Gletscher und die unterschiedlichen Klimazonen mit ihrer vielfältigen Fauna und Flora, die der Bergsteiger auf dem Weg zum Gipfel passiert, machen den einzigartigen Reiz des Berges aus.
Der Autor schildert die europäische Entdeckung und Erforschung des Kilimandscharo-Gebirges von den Anfängen bis in unsere Tage und erzählt mit literarischem Anspruch von den Lebenswegen der Forschungsreisenden und Alpinisten in diesem Gebiet: Von den bergsteigenden Missionaren Johannes Rebmann und Charles New über den Erstbesteiger Hans Meyer bis hin zur extremen Route Reinhold Messners durch die Breach Wall. Das Buch führt nicht nur durch die Geschichte, sondern stellt auch die gegenwärtige touristische Erschliessung dar und streift Themen wie Tier- und Pflanzenwelt, Geologie und Vulkanismus, Höhenerkrankungen, Klima, Bevölkerung. Kulturhistorische Betrachtungen über den Kilimandscharo in Literatur, Kunst und Film sowie die Besteigungsgeschichte des Mawenzi werden ebenso mit einbezogen, so dass eine lesenswerte Verbindung von biografischer Erzählung und sachlicher Information über den ostafrikanischen Vulkanriesen entsteht.
Selten schlägt man ein so vielfältiges und im wahrsten Sinne des Wortes "buntes" Bergbuch auf. Neben den abwechslungsreichen Inhalten dominieren auch optisch kräftige Farben: Das üppige Grün exotisch anmutender Pflanzen, die bunte Kleidung der Einwohner, eindrucksvolle Tiere des tropischen Regenwaldes, bizarre Gletscher(-reste) im Gipfelbereich und zahlreiche historische Abbildungen. Das Buch macht Lust, den Berg selbst zu entdecken. Es ist aber sicher auch für all jene faszinierend und inspirierend, die glauben, diesen Berg zu kennen wie ihre Westentasche. Mit diesem gelungenen Werk hat der AS-Verlag wieder einmal seine Qualität als einer der führenden Bergbuchverlage eindrucksvoll unter Beweis gestellt.